Bericht von der Herbsttagung der Kulturwarte in der Eifel am 12.10.2022 in Herforst
Seit seiner Gründung 1888 hat sich der Eifelverein die wissenschaftliche Erforschung der Eifel auf seine Fahnen geschrieben. Neben dem Vulkanismus und den Versteinerungen sowie den Burgen und Klöstern zählen dazu auch die materiellen Überreste der Kelten und Römer. Sie machten die Eifel zu einem begehrten Urlaubsgebiet für Sommerfrischler aus dem Bildungsbürgertum. Deutschland wurde zudem seit 1888 von einem archäologiebegeisterten Kaiser regiert, der selbst Ausgrabungen vornahm und die neuen Funde in Trier und Gerolstein besichtigte. Zu den Autoren des Eifelvereinsblattes zählten von Anfang an auch bekannte Archäologen, die ihre Erkenntnisse hier einer breiten Öffentlichkeit vermitteln konnten.
In Zusammenarbeit mit Dr. Holger Schaaff, dem Leiter des Kompetenzbereichs Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte des Römisch Germanischen Zentralmuseum in Mayen, der mit dem Hauptkulturwart des Eifelvereins im Kuratorium des Eifelmuseums sitzt, wurde die Idee entwickelt, eine Reihe von Trierer Kollegen zu bitten, im Gemeindehaus in Herforst über ihre laufenden Forschungen zu berichten. Leider hat Corona die Reihe der Referenten ebenso dezimiert wie die Krieger des Arminius die Legionen des Varus, so dass am Ende nur drei Vorträge übrigblieben.
Dr. Peter Henrich (Rheinisches Landesmuseum Trier) stellte die römischen Villen von Leudersdorf, Gerolstein, Gillenfeld, Pelm und Duppach vor, bei denen es sich um außerordentlich große und prachtvoll ausgestatteten Anlagen gehandelt hat. Dazu gehörten auch monumentale Grabdenkmäler sowie Funde, die auf einen luxuriösen Lebensstil hindeuten (Austernschalen). In der anschließenden Diskussion wurde nicht nur nach den vermögenden Bewohnern, sondern auch nach den Wegen der Kommunikation für solche Austauschvorgänge gefragt. Dr. Holger Schaaff berichtete über die Ausgrabung des römischen Töpfereizentrums bei Speicher, Herforst und Binsfeld, wo allein auf einer Fläche von 4 Quadratkilometern 150 bis 200 Töpferöfen gefunden wurden. Es lässt sich eine Produktion an Gebrauchskeramik von geradezu industriellem Ausmaß erkennen, deren Absatzgebiet von der Nordsee bis zu den Alpen reichte. Auch hier wurden weiträumige Kommunikationssysteme deutlich und auch Quellen für große Vermögen, mit dem man prachtvolle Villen bauen konnte.
Da der Referent, der die Ausgrabungen auf dem Hahnplatz in Prüm vorstellen wollte, erkrankt war, referierte Wolfgang Schmid über die "Goldene Kirche" des wohl bedeutendsten Klosters der Karolingerzeit. Die Ausgrabung ermöglichte die Rekonstruktion der romanischen Kirche, die ein vorgelagertes Westwerk und ein Atrium besaß. Beides wurde im frühen 16. Jahrhundert abgetragen. 1721 hat man die Kirche niedergelegt und durch einen barocken Neubau ersetzt. Behandelt wurde außerdem der großartige Reliquienschatz der "Goldenen Kirche", darunter die Sandalen Christi, der in zahllosen wertvollen Reliquiaren geborgen war und der die Kirchenschätze von Aachen, Köln und Trier in den Schatten stellte.
Nach einer kurzen Mittagspause - Gulaschsuppe mit Brötchen - erfolgte ein Wechsel der Perspektive: Die große Landesausstellung "Der Untergang des römischen Reiches" lockt derzeit gewaltige Besucherströme in die drei beteiligten Trierer Museen. Kirstin Jakob M. A. (Museum am Dom Trier) stellte uns die Ausstellung "Im Zeichen des Kreuzes - eine Welt ordnet sich neu" vor. Nie hätte man gedacht, dass es über die Anfänge des Christentums, den Dom, St. Maximin und St. Paulin so viele neue Forschungsergebnisse zu berichten gibt. Aus dem Blickwinkel der spätantiken Großstadt und Kaiserresidenz Trier erscheint auch die Eifel in einem ganz neuen Licht.
Den Abschluss machte Dr. Bernd Röder (Stadtmuseum Simeonstift Trier), der das weitgespannte Thema "Das Erbe Roms - Visionen und Mythen in der Kunst" Revue passieren ließ. Hier ging es um Roms Untergang - wir erinnerten uns an die Befestigung der Villen in Bodenbach und Bartringen -, die Legenden und Mythen der Völkerwanderungszeit, die Instrumentalisierung der römischen Kaiseridee durch mittelalterliche Herrscher, die Romrezeption in Humanismus und Reformation, nationale Gegenmodelle im 19. und das Aufgreifen imperialer Romideen durch totalitäre Herrscher im 20. Jahrhundert.
Das anspruchsvolle Nachmittagsprogramm konnten wir nur mit Hilfe einer Kaffeepause mit selbstgebackenem Kuchen überstehen. Neben den Referenten und der Ortsbürgermeisterin von Herforst, die uns das Gemeindehaus zur Verfügung stellte, gilt unser besonderer Dank der OG Speicher des Eifelvereins, die die Veranstaltung professionell vorbereitet und uns den ganzen Tag über liebevoll mit Essen und Getränken versorgt hat. Neben diesen schönen Erinnerungen nahmen die Teilnehmer die Erkenntnis mit nach Hause, dass die Römer in der Eifel auch künftig noch ein spannendes Thema bleiben werden.
Wolfgang Schmid