Wolf von Reis Kulturpreis 2025

Der Wolf-von-Reis-Kulturpreis 2025 wurde auf der Frühjahrstagung in Bitburg verliehen

Der Vergabekommission für den Wolf-von-Reis-Kulturpreis 2025 lagen zwei preiswürdige Bewerbungen vor. Die Bewerbung der Ortsgruppe Bornehim wurde aus formalen Gründen mit einem Sonderpreis bedacht.

  • Ortsgruppe Roetgen: Alter Kirchweg Roetgen-Konzen
  • Ortsgruppe Bornheim: Mahn- und Gedenkstein Am Isebahnsjrave

In seiner Laudatio würdigte Hauptkulturwart Prof. W. Schmid die diesjährigen Preisträger.

 Laudatio Prof. Wolfgang Schmid (Hauptkulturwart)

IMG 8342 Kulturpreis klein

Die OG Roetgen des Eifelvereins bewarb sich mit dem Projekt „Alter Kirchweg Roetgen-Konzen.“ Hierzu ist vorauszuschicken, dass in früheren Zeiten die Gläubigen an jedem Sonntagmorgen den Gottesdienst in ihrer Pfarrei besuchen mussten. Für die Bewohner der abgelegenen Dörfer und Höfe waren so bei jedem Wetter stundenlange Wege erforderlich, die dadurch erschwert wurden, dass man zum Empfang der Kommunion nüchtern erscheinen musste. Erst 1957 wurde von Papst Pius XII. in seinem „Motu proprio Sacram communionem“ die Frist auf drei Stunden für feste Speisen und alkoholische Getränke bzw. für nichtalkoholische Getränke auf eine Stunde verkürzt. Hinzu kam, dass der Pfarrer auch das Beerdigungsrecht sowie das Recht zur Spendung der Sakramente und zur Abnahme der Beichte hatte. Die Kinder mussten sich – ältere Vereinsmitglieder erzählen das noch – am Sonntagnachmittag noch einmal auf den Weg machen und zur ungeliebten Christenlehre erscheinen. Vielfach versuchten die Dörfer, eine Filialkirche mit einer Stelle für einen Kaplan zu bekommen. Dieser konnte auch den Schulunterricht übernehmen, so dass den Kindern der lange Schulweg erspart blieb. In der Regel musste die Dorfgemeinschaft jedoch am Sonntagmorgen zu Fuß in die Pfarrkirche gehen, was auf traditionellen Wegen erfolgte und spätestens auf dem Rückweg nach einem Gasthausbesuch gemeinschafsstiftend wirkte.

Die Gemeinde Roetgen ist erst seit 1754 der Sitz einer Pfarrei. Bis dahin mussten die Einwohner jeden Sonntag zwei Stunden lang auf der „alten Monschauer Straße“ nach Konzen laufen, wo sich die dem Aachener Marienstift gehörende Pfarrkirche St. Peter, Sitz einer Großpfarrei für das Monschauer Land, befand. 1660 gelang es, in Roetgen, die Marienkapelle zu errichten, die den Rang einer Filialkirche hatte, die von Prämonstratensern aus Reichenstein betreut wurde. Nachdem 2022 Unterlagen über den „alten Kirchweg“ gesammelt worden waren, wurde 2023 erstmals eine Wanderung auf dem 10 km langen Weg durchgeführt, auf der dessen Geschichte erläutert wurde. 2024 wurde die Wanderung mit einem Gottesdienst verbunden. Dies soll fortan jährlich wiederholt werden.

Das Projekt „Alter Kirchweg“ ist aus vier Gründen preiswürdig: Nicht nur wegen seiner publikumswirksamen medialen Vermarktung (Flyer, homepage, Aufsatz im Eifeljahrbuch),  sondern auch, weil es gemeinsam von der Ortsgruppe des Eifelvereins, dem Verein Sternrouten Wandern und Bus sowie dem Heimat- und Geschichtsvereins Roetgen getragen wurde. Weiter vermittelt es dem Wanderer wichtige Informationen über die Bau- und Ausstattungsgeschichte der Kirchen St. Peter und der Friedhofskapelle St. Pankratius in Konzen und schließlich kann man beim Wandern nachvollziehen, wie unsere Vorfahren an jedem Sonntagmorgen gemeinsam zum Gottesdienst gingen, eine wichtige Form der Freizeitgestaltung im vorindustriellen Zeitalter, bei der interessante Gespräche geführt und manche Ehe vermittelt wurde. Die Ortsgruppe Roetgen wird deshalb mit einem Preis in Höhe von 1.000 € ausgezeichnet, verbunden mit der Auflage, ihn mit den anderen beiden Vereinen brüderlich zu teilen oder aber für ein weiteres Gemeinschaftsprojekt – geplant ist eine Spurensuche nach dem Kirchweg der Reformierten von Roetgen nach Stolberg – zu verwenden.

Der Heimat- und Eifelverein Bornheim bewarb sich mit dem Projekt „Mahn- und Gedenkstein Am Isebahnsjrave in Bornheim.“ An dieser Stelle gab es am 4. Dezember 1944 einen Tieffliegerangriff auf einen Zug, bei dem 19 Personen – ein Kind, acht Frauen und zehn Männer – ums Leben kamen. Der Gedenkstein mit der Inschrift „Bedenkt + Gedenkt“ war schon 1993 von der Ortsgruppe errichtet worden, dann aber zwar nicht vergessen worden, aber an den Rand der Wahrnehmung gerückt. Deshalb wurde zum 80. Jahrestag eine Gedenkstunde veranstaltet, bei der Zeitzeugen zu Wort kamen und die in der Presse reichen Niederschlag fand.

Auch wenn die Ortsgruppe aus formalen Gründen – letzte Preisverleihung 2023 – die Anforderungen nicht erfüllt und das Projekt zudem eine eher kleine Größenordnung besitzt, sollten wir es mit einem Sonderpreis in Höhe von 250 € auszeichnen. Erstens ist 80 Jahre nach Kriegsende die bundesdeutsche Erinnerungskultur museal geworden und an den Rand des öffentlichen Bewusstseins gerückt. Die Generation der Zeitzeugen und der Hinterbliebenen stirbt langsam aus, die Kriegerfriedhöfe verwahrlosen. Zudem wird das Totengedenken zunehmend von politischen Extremisten vereinnahmt, die die Kriegstoten als Helden verklären oder aber als Täter verdammen. Zur Geschichtsvergessenheit und zur Offenheit für autoritäre Herrschaftsformen kommen weltpolitische Veränderungen, die die europäische und die transatlantische Nachkriegsordnung, die jahrzehntelang Frieden und Wohlstand gesichert haben, in Frage stellen. All dies sollte auch in anderen Ortsgruppen den Anstoß geben, sich mit dem Thema Erinnerungskultur auseinanderzusetzen.

Wolfgang Schmid, Hauptkulturwart

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